

Erstmals seit Beginn der Pandemie können die Chinesen das traditionelle Neujahr mit ihren Familien feiern. Doch Experten befürchten eine massive Infektionswelle mit Zehntausenden Corona-Toten pro Tag.
Peking – Chinesen auf der ganzen Welt begrüßten das neue Jahr nach dem traditionellen Mondkalender. Das Jahr des Hasen folgt auf das Jahr des Tigers. Das vierte der zwölf Tierkreiszeichen steht in der chinesischen Mythologie unter anderem für Harmonie und Langlebigkeit. In China fand am Sonntagabend (Ortszeit) der Jahreswechsel statt.
Es ist das erste Neujahr, seit die kommunistische Regierung in Peking die strengen Corona-Maßnahmen aufgehoben hat. Millionen Familien können sich an diesem Wochenende zum ersten Mal seit drei Jahren wieder persönlich treffen. Die meisten Chinesen feiern den Beginn des neuen Jahres mit üppigen Abendessen, während sie sich die jährliche Neujahrsgala im Staatsfernsehen ansehen.
Party im Schatten der Pandemie
Die Behörden rechneten während der 40-tägigen Reisesaison mit fast zwei Milliarden Passagierreisen, was rund 70 Prozent des Reiseaufkommens vor der Pandemie entspricht.
Doch trotz der festlichen Stimmung im Land werden die Neujahrsfeiern erneut von der Pandemie überschattet. Während sich die Corona-Lage in den großen Metropolen wie Peking und Shanghai nach einer rasanten Infektionswelle im Dezember weitgehend normalisiert hat, bleibt der Härtetest in den Binnenprovinzen noch aus.
Im Vergleich dazu ist das Gesundheitssystem dort nur rudimentär ausgebaut und Krankenhäuser mit moderner Ausstattung sind oft mehrere Autostunden entfernt. Gleichzeitig sind ländliche Gebiete überwiegend von älteren Bevölkerungsgruppen besiedelt, die in China bisher nur über einen unzureichenden Impfschutz verfügen: Laut chinesischen Staatsmedien ist ein Viertel der über 60-Jährigen immer noch nicht geboostert.
Das Londoner Forschungsinstitut Airfinity rechnet mit einem Höhepunkt der aktuellen Corona-Welle in der kommenden Woche mit bis zu 36.000 Toten pro Tag. Solche Prognosen stehen in krassem Gegensatz zu offiziellen Äußerungen chinesischer Staatsmedien, die die dramatische Lage herunterspielen.
Der stellvertretende Ministerpräsident Sun Chunlan sagte laut Xinhua am Freitag, dass die Zahl der schweren Covid-Patienten in den Notaufnahmen stetig abnehme. Gleichzeitig betonte der 72-Jährige, dass das medizinische Personal auf kommunaler Ebene verstärkt und die medizinische Versorgung in den Landkreisen gesichert werden müsse.
Internationale Experten bleiben skeptisch
Ein Beamter der Nationalen Gesundheitskommission behauptete diese Woche auch, dass die Zahl der schwerkranken Patienten im Krankenhaus jetzt weit unter dem Höchststand vom 5. Januar liege.
Doch internationale Experten sind noch skeptisch, schließlich lassen sich die offiziellen Angaben kaum verifizieren. Dies liegt auch an der zunehmenden Intransparenz der öffentlichen Hand.
Die Behörden haben kürzlich eine monatelange Zensurkampagne gestartet, um “dunkle Gefühle” und “Gerüchte” über die Corona-Lage in den sozialen Medien zu bekämpfen. Natürlich wollen wir nicht, dass Negativschlagzeilen die Feierlaune der Chinesen trüben, wenn sie an diesem Wochenende das Jahr des Hasen begrüßen.