
Warum Olaf Scholz den „Frühverrentungstrend“ brechen will.


Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
Quelle: pa/dpa/Carsten Koall
Weil mehr Arbeitnehmer den Arbeitsmarkt verlassen als erwartet, gerät die Bundesregierung in Panik. Allerdings spielt das höhere Renteneintrittsalter in der aktuellen Diskussion vorerst keine große Rolle, vielmehr stehen die Arbeitgeber im Mittelpunkt.
DDiese Entwicklung beunruhigt den Kongress: Auch bei den großen Baby-Boomer-Kohorten nimmt der Trend zum Ruhestand früher zu als vom Gesetzgeber erwartet. Eine Entwicklung, so eine Ende der Woche veröffentlichte Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), wirkt sich “stark auf das Angebot an wirtschaftlicher Arbeit aus” und “verstärkt den Mangel an intelligenten, qualifizierten Arbeitskräften”.
Die vom BiB ausgewerteten Daten des Mikrozensus zeigen nach Angaben der Universität, dass der kontinuierliche Anstieg der Zahl älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt in den letzten fünf Jahren weitgehend zum Stillstand gekommen ist. Demnach verlassen viele Arbeitnehmer den Arbeitsmarkt im Alter von 63 oder 64 Jahren, kurz vor dem Rentenalter. 65 Jahre und neun Monate für Arbeitnehmer des Jahrgangs 1955; Ab Jahrgang 1964 beträgt das Renteneintrittsalter nach geltendem Recht 67 Jahre. Doch viele Mitglieder der Babyboom-Generation – 1955 bis 1970 – wollen nicht so lange arbeiten.
Durch die 2014 eingeführte Möglichkeit zur Zahlung einer vorgezogenen Rente ohne Abschlag für langjährig Versicherte, der sogenannten „Rente mit 63“, werden laut BiB im Jahr 2021 alle Dritten in das Rentensystem eintreten. Darüber hinaus zeigen aktuelle Statistiken der Deutschen Rentenversicherung, dass Arbeitnehmer zunehmend Rentenbezüge in Kauf nehmen, um vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand zu gehen. Diese Gruppe wird laut BiB ein Viertel aller Personen ausmachen, die 2021 erstmals die Altersrente beziehen.
Die Zahlen nahm Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Anlass, auf die Problematik der Frühverrentung hinzuweisen. Ziel sei es, „die Zahl der Menschen zu erhöhen, die bis zum Rentenalter arbeiten können“, sagte Scholz der französischen Zeitung „Ouest-France“ und der Werbegruppe Funke. “Das fällt vielen Menschen heutzutage schwer.”
Die Menschen gehen oft früh in Rente – das will Scholz beheben
Immer mehr Menschen in Deutschland gehen in den Vorruhestand. Dies ist auch ein Problem für die Wirtschaft, die ohnehin unter Arbeitslosigkeit leidet. Bundeskanzler Scholz will das verhindern.
Es gibt jedoch Zustimmung aus verschiedenen Lagern. Nutzerpräsident Rainer Dulger und der Deutsche Gemeindeverband begrüßten die Initiative von Scholz. Dulger schlug vor, das Rentenalter zu „ankurbeln“ und an eine höhere Lebenserwartung zu koppeln. Die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Sozialverbandes, Michaela Engelmeier, sagte, man müsse beispielsweise durch Weiterbildung und bessere Arbeitsbedingungen dafür sorgen, dass Beschäftigte über die Jahre im Ruhestand hinaus arbeiten können.
„Verbesserung der Arbeitskultur in Unternehmen“
Unter den Bundestagsparteien stimmten SPD, FDP und AfD der Kanzlerin zu, äußerten sich aber unterschiedlich. Die Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt, sagte, ihre Fraktion habe „keine Einwände gegen ihren rechtmäßigen Ruhestand“ und „wolle keine neue Diskussion über die Förderung des Renteneintrittsalters und erhöhten Druck und höhere Austritte führen“. Um mehr Menschen „alle Altersgruppen zu erreichen“, müssten Programme wie präventive und rehabilitative Gesundheitsvorsorge „wichtig in der Arbeitswelt“ werden.
Für den gesellschaftspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, interessieren sich vor allem die Sozialisten. Arbeitgeber und Gewerkschaften müssten den Arbeitnehmern anbieten, „wie sie das Leben in der Arbeitswelt in den letzten Jahren vor der Rente attraktiver gestalten können, finanziell, aber auch durch Arbeitsentlastung und flexible Teilzeitmodelle“. Die rentenpolitische Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion, Ulrike Schielke-Ziesing, begrüßte die Initiative der Kanzlerin, bemängelte aber, dass sie der Entscheidung der hellenischen Bundestagsfraktionen geschuldet sei, den Rentner-Vorruhestandsbonus ab Januar 2023 zu streichen.
Der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Frank Bsirske, sagte hingegen, die von der Ampelkoalition beschlossene Aufhebung der Einkommenszusatzsteuer verbessere “die Anreize, in der Rentenbezugssaison weiter zu arbeiten”. Wichtig sei auch, „die Arbeitsqualität und Arbeitskultur in Unternehmen, Betrieben und Organisationen zu verbessern, damit Mitarbeiter lange gesund, qualifiziert und motiviert arbeiten können“. Das Union-Team ließ die WELT-Anfrage unbeantwortet.
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