Rauschgifthandel: Wie Drogengold nach Deutschland kam


exklusiv

Stand: 09.12.2022 09:02 Uhr

Mitte November gingen italienische Ermittler gegen eine mutmaßliche Gruppe um Raffaele Imperiali vor – er gilt als einer der wichtigsten Kokain-Händler der Welt. Laut MDR Sein Netzwerk scheint sich bis nach Deutschland erstreckt zu haben.

Von Margherita Betto, Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia

Am vergangenen Dienstag verbreitete sich in italienischen Medien eine Meldung: Raffaele Imperiale – für die Ermittler einer der wichtigsten Drogendealer Europas – soll begonnen haben, mit der Justiz zu kooperieren. Die Polizei nahm den 48-Jährigen, der auf der Liste der gefährlichsten Kriminellen Italiens stand, im vergangenen Juli in Dubai fest.

Das Imperium soll aus den Vereinigten Arabischen Emiraten Kokain aus Südamerika nach Europa transportiert und damit kriminelle Organisationen beliefert haben – darunter die italienischen Mafia-Gruppen Camorra und ‘Ndrangheta. In Dubai schloss er sich offenbar anderen europäischen Drogenbaronen an, darunter dem Niederländer Ridwan Tague, der bis zu seiner Festnahme der meistgesuchte Verbrecher des Landes war, und dem Iren Daniel Kinahan, für den US-Behörden eine Belohnung von fünf Millionen Euro aussetzten.

Die europäische Polizeibehörde Europol nannte die mutmaßliche Allianz ein “Superkartell” und schätzte, dass die Männer zusammen mit anderen Komplizen etwa ein Drittel des europäischen Kokainhandels kontrollierten. Wenn Imperiale in Zukunft tatsächlich geöffnet wird, könnte dies für viele Kriminelle unangenehm sein. Immerhin konnte sich Imperiale bei seinen illegalen Geschäften auf das World Wide Web verlassen. Bis heute unbekannt: Diese gelangte offenbar auch nach Deutschland, wie italienische Ermittlungsunterlagen belegen MDR und “Frankfurter Allgemeine Zeitung”.

Die Dokumente werden an die Staatsanwaltschaft Neapel zurückgegeben. Mitte November ging die örtliche Finanzpolizei gegen 28 Männer vor, darunter Empire selbst, denen unter anderem vorgeworfen wurde, Mitglieder einer kriminellen Vereinigung zu sein, die mit dem Drogenhandel Geld verdiente. Der Anwalt von Imperial sagte auf Anfrage, dass er wegen des laufenden Verfahrens keine Fragen zum Mandanten beantworten könne.

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Chats auf Krypto-Telefonen

Im Zentrum des Prozesses stehen unter anderem die Nachrichten, die Imperial und seine mutmaßlichen Komplizen über Krypto-Handys wie Encrochat und SkyECC ausgetauscht haben. Kriminelle aus der ganzen Welt kommunizierten mit Abhörhandys, bis es den europäischen Strafverfolgungsbehörden gelang, sie zu hacken. Die Chats bieten einen einzigartigen Einblick in das Innenleben der Gruppe um Imperial – einschließlich der Art und Weise, wie unrechtmäßig erworbenes Geld gewaschen wurde.

Es scheint, so legen Ermittlungsdokumente nahe, dass die Gruppe um Imperial täglich große Summen verdiente. Im März 2021 ließ eine von Imperiale selbst gesendete Nachricht die Ermittler glauben, dass er und seine Männer an einem Tag 1,4 Millionen Euro verdienten. Die Gruppe soll mit verschiedenen Methoden Geld aus illegalen Geschäften gewaschen und um die Welt bewegt haben. Deutschland macht eines davon: Goldgeschäfte.

Nachrichten, die von potenziellen Gruppenmitgliedern ausgetauscht werden, ermöglichen es, dies fast Schritt für Schritt zu verfolgen. Und so soll es funktioniert haben: Ein mutmaßliches Mitglied der Gruppe mit dem Spitznamen „Malandrino“ („der Gauner“) kaufte das Gold mit Bargeld. Allein zwischen November 2020 und März 2021 soll er dafür fast vier Millionen Euro erhalten haben. Der „Betrüger“ kaufte Gold hauptsächlich in der Region Kampanien, aber auch in Norditalien. Insbesondere in Neapel soll der Konzern so viel Gold gekauft haben, dass es sogar seinen Marktpreis beeinflusst hat. Einmal erzählte der „Rogue“ dem Imperial, dass sein Händlerfreund Probleme habe, neues Gold zu finden: „Onkel, der Marktpreis in Neapel hängt von uns ab“, fügte er hinzu.

Kuriere der Gruppe sollen die Goldbarren in Lastwagen versteckt haben, meist unter Lebensmitteln wie Kartoffelsäcken. Damit gingen sie nach Deutschland. So schrieb im Oktober 2020 ein mutmaßliches Mitglied der Gruppe an einen der mutmaßlichen Kuriere: „Ziel ist Köln, Reifenhändler.“ Chat-Nachrichten deuten darauf hin, dass die Gruppe allein zwischen Oktober und Dezember 2020 acht Reisen nach Deutschland unternahm und rund 184 Kilo Gold schmuggelte. Die meisten Reisen führten zu Zielen in Nordrhein-Westfalen wie Köln, Wuppertal oder Leverkusen. Einer soll nach Rheinland-Pfalz gegangen sein.

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Goldverkauf in Deutschland

Der von den Ermittlern nicht identifizierte und unter anderem als „Ever“ bezeichnete Mann soll den Verkauf von Gold an Kunden in Deutschland organisiert haben. Die Juweliere scheinen mehrfach ins Spiel zu kommen: “Ich bespreche gerade (Geschäfte) mit Köln, um morgen zu bezahlen. Ich stehe hier mit dem Ladenbesitzer”, schrieb Odessa in einem Gruppenchat mit Imperiale ebenfalls. besucht besucht. Und am selben Tag: “Ich verhandle mit einem Juwelier, der die besten Konditionen bietet.” Zur Geldübergabe nutzten die Lkw-Fahrer die sog “Token” wurde empfangen. Es war ein Foto eines nummerierten Scheins, oft fünf Euro. Als der Fahrer und der Käufer zusammenkamen, zeigten sie sich zum ersten Mal den Token.

Es wird gesagt, dass das Geld aus dem Verkauf von Gold schließlich an die sogenannte ging Dadurch können Kriminelle nahezu in Echtzeit Geld um die Welt bewegen – anonym. Um Geld in Hawala zu überweisen, besucht man einen Händler, zum Beispiel in Köln, und gibt ihm Geld. Hawalader wird sich mit einem anderen Händler aus demselben Netzwerk mit Sitz im Empfängerland wie den Vereinigten Arabischen Emiraten verbinden. Dieser zweite Händler zählt dann fast zeitgleich das Geld in bar. Juweliere gehören oft zu den Hawaladars: Sie haben Niederlassungen im Ausland und können problemlos Geld hin und her bewegen. Gelder werden oft in Gold bezahlt.

Laut den Ermittlungsunterlagen organisierte “Odessa” den Geldtransfer aus dem Verkauf von Gold. Dafür soll sie – laut einem Gruppenchat mit Imperial – eine Gebühr von 0,5 Prozent einbehalten haben. Im Oktober 2020 rechnet die Chatgruppe „Odessa“ vor, wie eine Transaktion für den Verkauf von 21,5 Kilo Gold in Köln aussehen könnte: An dieser Goldmenge verdient die Gruppe etwas mehr als eine Million Euro. Odessa kann sie für 1,2 Millionen US-Dollar und dann für 4,7 Millionen Dirham eintauschen. Die Banknotennummer diente auch als Autorisierungsverfahren für Hawala-Transaktionen.

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warum deutschland

Eine Gruppe um Imperial soll das Geld über Hawaladare nach Italien geschoben haben. Warum überall in Deutschland Gold verkauft wurde, geht aus den Chats nicht hervor. Nur beim Transport bestand die Gefahr, von der Polizei erwischt und erwischt zu werden. “Odessa und sein Netzwerk zahlten niedrige Provisionen, daher war es für die Imperialen billiger, Geld nach Deutschland zu schmuggeln, als die Havaladare in Italien zu bestellen”, suggeriert das Gegenteil. MDR Und die bekannte “Phase” mit der Ermittlung. Ein weiterer Grund sind seiner Meinung nach die gesetzlichen Regelungen hierzulande weniger streng als in Italien.

Oliver Huth, Landesvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ist von diesem Vorgehen nicht sonderlich überrascht: „Bei der Bekämpfung der Geldwäsche ist uns Italien weit voraus“, sagte er. Insbesondere bei der Haala Bank reichen die von Bundesinnenministerin Nancy Feser angekündigten Verschärfungen nicht aus. Erst vor wenigen Tagen sprach Bundesfinanzminister Christian Lindner von einer geplanten Obergrenze von 10.000 Euro.

Den Angaben zufolge MDR Und die “FAZ”, die italienischen Ermittler, arbeiteten trotz der Spuren in Westdeutschland nicht mit ihren deutschen Kollegen zusammen. Es ist unklar, ob sie die Informationen aus den Chats auf andere Weise erhalten haben. Das Bundeskriminalamt und das Landeskriminalamt NRW äußern sich grundsätzlich nicht zu laufenden Verfahren. Den beiden mit dem Hawala-Verfahren befassten Staatsanwälten aus Nordrhein-Westfalen waren die Fälle nicht bekannt.

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