Wer Frauen fördert, bewegt den Betrieb – Wirtschaft

Job Engine 2023 der BZ-Serie (2)

Lisa Petrich

Wer hat 2022 viele Jobs geschaffen? Wer hat mit smarten Konzepten Mitarbeiter gefunden und gehalten? Diese Unternehmen sind beim Jobmotor-Wettbewerb genau richtig.

Ein Unternehmen zu führen, das Frauen fördert und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördert – hinter dieser Idee stehen zwei Geschäftsführerinnen aus dem Schwarzwald. Sie selbst haben auf dem Weg an die Spitze Ihres Unternehmens sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht, auch wenn die Voraussetzungen sehr ähnlich waren. Denn beide waren Töchter in einem Familienunternehmen. Zwei Frauen, zwei Geschichten.

Bettina Schuler-Kargoll wollte eigentlich Lehrerin werden. „Jetzt handle ich mit Altmetall“, sagt der 65-Jährige. Seit 28 Jahren ist sie Geschäftsführerin des Recyclingunternehmens Schuler Rohstoff in Deißlingen, bevor ihr Vater der Chef war. Dieser Weg war alles andere als vorgezeichnet – sie hatte drei Geschwister, und ihr Bruder sollte in die Fußstapfen ihres Vaters treten. Zwischenzeitlich studierte sie Musik und Englisch auf Lehramt. „Aber mein Vater hat sich immer dafür eingesetzt, dass ich in den Familienbetrieb einsteige“, sagt Schuler-Kargoll. Als die Nachfolge seines Bruders nicht gelang, wurde es ernst: „Mein Vater wollte unbedingt, dass ich in dieser Position bin“, erinnert sich der Unternehmer. Vielleicht war es ihr Charakter, sagt sie heute. Also sagte sie Ja zu ihrem Vater. Sie gab ihren Beamtenstatus auf und trat 1990 in den Familienbetrieb ein. Vier Jahre später übernahm sie den Betrieb.

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Was zeichnet Ihren Führungsstil aus? „Ich bin in den 1970er Jahren in die Freiburger Frauenbewegung eingetreten und habe für Frauenrechte gekämpft. Das habe ich auch ins Unternehmen mitgenommen“, sagt Schuler-Kargoll. Sie wünschte sich einen demokratischen Führungsstil, bei dem die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird. Doch der Anfang war nicht immer einfach. „Ein Mitarbeiter hat mir einmal gesagt, dass er meinen Vater immer bewundert hat, aber tief enttäuscht war, dass er einen Lehrer zu seinem Nachfolger gewählt hatte.“ Es war in Ordnung, sagt sie. Aber solche Sprüche hätten noch mehr Ehrgeiz in ihr geweckt.

Im Bundesverband Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen, kurz BDSV, war Schuler-Kargoll zunächst die einzige Frau unter 130 Gründern. „Wir wurden immer mit den Worten begrüßt: Sehr geehrte Frau Schuler-Kargoll, sehr geehrte Herren“, erinnert sie sich. Heute ist sie Vorsitzende der Regionalgruppe Sør-West im BDSV, ihre Stellvertreterin ist ebenfalls eine Frau. „Darauf bin ich stolz“, sagt Schuler-Kargoll. „Wir Frauen haben es geschafft, wir haben etwas zu sagen. Und nur wer etwas zu sagen hat, kann etwas verändern.“

Auch Christina Haller weiß, was es bedeutet, an der Spitze eines Unternehmens zu stehen, in dem hauptsächlich Männer arbeiten. Der 54-Jährige ist Geschäftsführer bei Identa Ausweissysteme in Villingen-Schwenningen, wo unter anderem Transponder für den Zutritt ins Gebäude oder Kundenkarten produziert werden. Wie Bettina Schuler-Kargoll hatte auch Christina Haller andere Karrierepläne: „Ich wollte in die Modebranche.“ Doch durch Auslandsaufenthalte, wo sie auch in Filialen des Familienunternehmens tätig war, wuchs das Interesse an Identa. Trotzdem war die Übernahme nicht geplant: Hallers Onkel führte die Firma, dann ein externer Manager. Als er kurzfristig zurücktrat, sprang Haller 2002 provisorisch ein. — Und diese Übergangsphase dauert bis heute an, sagt der 54-Jährige.

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Ob sie das kann, hat damals niemand in Frage gestellt. – Aber in einem Familienunternehmen brauche es immer weitsichtige Väter und Familienmitglieder, die ihren Kindern und Töchtern vertrauen, sagt Haller. Von der Frauenquote hält sie nicht viel. “Die Frauen, die es wollen und sich ohne Quote trauen”, sagt sie. Dass Frauen in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert sind, sieht sie vor allem als Problem bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. — Noch gibt es zu wenige gute Angebote für Mütter, die trotz kleiner Kinder Vollzeit arbeiten wollen. Sie wünscht sich mehr Unterstützung von der Politik – und von Frauen, die studiert haben und dann Kinder haben, um in den Beruf zurückzukehren.

Das sieht auch Bettina Schuler-Kargoll so. Viele Frauen würden ihren Männern zu sehr vertrauen. “Das wird den Fähigkeiten der Frauen nicht gerecht.” Mehr Krippenplätze, flexiblere Arbeitszeiten und ein mobiler Arbeitsplatz – das braucht es, um Frauen zu ermutigen, trotz Mutterschaft einen verantwortungsvollen Beruf auszuüben. „Ich hatte schon vor 30 Jahren Homeoffice, um mit meinem kleinen Sohn alles zu regeln und zu arbeiten“, sagt sie. Mittelständische Unternehmen brauchen ihrer Meinung nach keine Frauenquote – in Großunternehmen aber schon: Es gibt eine Art gläserne Decke, die Frauen oft nicht durchbrechen können. „Aber ich möchte alle Frauen ermutigen, sich dieser Herausforderung zu stellen“, sagt Schuler-Kargoll. Auch wenn der Weg dorthin nicht immer einfach sei – „wir brauchen die Frauen“.

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